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Kanada 2016: Tag 17 – Rauf auf den Bärenrücken

Der Tag begann mit einer morgendlichen Fotosession am See. Das schöne Licht am Morgen wollten wir uns nicht entgehen lassen und wir wurden von Mutter Natur nicht enttäuscht. So haben wir beide ausgiebig die Auslöser gedrückt. Anschließend machten wir uns auf den Weg zu einem kleinen aber feinen Wasserfall ganz in der Nähe des Campgrounds. Nur 10 Gehminuten von unserem Stellplatz entfernt rauschen die Cameron Falls. Nachdem wir auch hier die gewünschten Fotos im Kasten hatten, überlegten wir kurz, wohin wir als nächstes gehen sollten. Wir hatten ein paar Alternativen im Kopf und entschieden uns dann spontan für die schweißtreibendste Variante.

Bei über 30 Grad machten wir uns auf den Weg zum Waterton Visitor Center am Stadtrand. Ziel war aber nicht das Center an sich, sondern der dort beginnende Wanderweg zum sogenannten „Bear’s Hump“. Ein felsiger Vorsprung am Mount Crandell, der von der Seite betrachtet wie ein Bärenrücken aussieht. Von dort oben sollten wir einen super Ausblick über Waterton bekommen. Aber vorher galt es einen knackigen 1,5km langen Aufstieg mit über 200 Höhenmetern zu bewältigen. Es ging wirklich ohne Unterbrechung nur bergauf, teils mit großen Stufen versehen. Es wurde auf jeden Fall sehr sportlich. Überrascht waren wir von einigen Leuten, denen wir auf dem Weg nach oben begegneten und die nur mit leichten Turnschuhen oder sogar Flip-Flops den Weg auf sich nahmen. Respekt zollen oder den Kopf schütteln? Wir waren uns unschlüssig. Wir benötigten für den Aufstieg ca. 30 Minuten. Oben angekommen eröffnete sich uns ein super Panoramablick auf Waterton und Umgebung. Da war die Anstrengung nach ein paar kräftigen Schlucken aus der Wasserflasche schnell wieder vergessen. Es hatte sich gelohnt. Das markante „Prince of Wales“-Hotel wirkte von hier oben so mini wie der Bausatz einer Märklin-Eisenbahn. Ich postierte mich mit Kamera und Stativ am Rand des Vorsprungs, um den tollen Ausblick festzuhalten. Währenddessen lichtete Dani ein paar „kleine Freunde“ ab, die sie auf dem Plateau entdeckt hatte. Nachdem wir den Ausblick von hier oben ausgiebig genossen hatten, entschieden wir uns den Abstieg in Angriff zu nehmen. Auf dem Weg zurück machte sich auch so langsam aber sicher etwas Hunger bemerkbar. Ca. 20 Minuten später hatten wir dann wieder ebenen Boden unter den Füßen. Wir stiefelten dann in die Stadt und suchten uns auf der Terrasse des „ZUM’S“ ein gemütliches Plätzchen. Das heutige Essen hatten wir uns mehr als verdient.

Als wir so nach dem Essen zurück zum Campground schlenderten, bemerkte ich plötzlich aus den Augenwinkeln an einem Blumentopf eine kurze schnelle Bewegung. Im ersten Moment dachte ich an einen großen Schmetterling oder Nachtfalter, der da unterwegs war. Beim zweiten Hinsehen schoss es mir dann aufgeregt durch den Kopf: Das ist ein Kolibri!! „Ich werd‘ verrückt, ein Kolibri!“, rief ich Dani zu. Erstaunt wandte sie sich um und blickte in die Richtung in der ich zeigte. Das flinke Tier war ständig in Bewegung, außer er steckte seinen Rüssel gerade in eine Blume. Ja Wahnsinn! Mit so einem „Wildtier“ hatten wir ja überhaupt nicht gerechnet. Noch nicht mal im Zoo hatte ich so einen Kolibri bisher live gesehen. Nur im TV oder auf Bildern. Apropos Bilder: Kameras raus! Dani versuchte schon ihr Möglichstes den kleinen Gesellen mit ihrer Kamera einzufangen. Mir wurde in dem Moment bewusst, dass ich noch das Ultra-Weitwinkel für Landschaftsfotos aufgeschraubt hatte und damit gar nicht erst versuchen musste anzutreten. So schnell es ging, wirbelte ich meinen Fotorucksack nach vorne und wechselte die Linse auf Super-Tele. Zu meinem Glück sauste der kleine Flattermann weiter an den Blumen vor uns hin und her. Es war eine ganz schöne Herausforderung das flinke kleine Tier im Bild festzuhalten. So schnell und ruckartig waren seine Bewegungen. Wenig später zischte er dann um die Hausecke davon. Ein echt cooles Erlebnis!

Zurück auf dem Campground gönnten wir uns zunächst mal die verdiente Dusche. Der staubige schweißtreibende Aufstieg zum Bear’s Hump hatte schließlich seine Spuren hinterlassen. Nach ein bisschen Entspannung, stand noch ein kurzer Shopping-Ausflug in der Stadt auf dem Plan. Das ein oder andere Stück hatte schon beim ersten Stöbern am Vortag unser Interesse geweckt. Also mussten die Sachen heute eingetütet werden, denn morgen würde es ja schon auf unsere letzte Etappe nach Calgary gehen. Daran wollten wir aber jetzt möglichst noch keinen Gedanken verschwenden. Stattdessen gab es nochmal ein leckeres „Big Scoop“-Eis, dass wir am Ufer des Upper Waterton Lake genossen. Wenig später zog der Himmel dunkel zu und ein ordentlicher Wind kam auf. Mit unserer Einkaufsbeute in der Hand stiefelten wir zügig zurück zum Camper. Wir hatten gerade die Tür hinter uns zugemacht, als ein kleines Unwetter losbrach. Der Himmel öffnete seine Schleusen und der Wind peitschte den Regen über’s Land. Aber so schnell die Wetterkapriole gekommen war, so schnell war sie auch wieder beendet. So langsam mussten wir uns dann aber widerwillig doch damit beschäftigen, dass unsere Reise in die Zielgerade einbog. Um bei der morgen anstehenden Rückgabe des Campers in Calgary schnell fertig zu sein, wollten wir bereits heute unsere Koffer so weit wie möglich vorpacken. Dani hatte aber ein Einsehen mit mir und schickte mich mit Blick auf den nahenden Sonnenuntergang runter zum See, Fotos machen. Als ich nach ca. 1 Stunde zurück kam, war sie schon so gut wie durch mit der Packerei. Ich kümmerte mich daraufhin um die großen Sachen, die noch in den Außenfächern des Campers untergebracht waren. Zum Vorschein kam u.a. der ungenutzte Sack Brennholz, den wir bereits am Lac le Jeune dem Ranger abgekauft hatten. Entweder wir hatten auf den folgenden Campgrounds schlechtes Wetter, keine Feuerstelle oder sogar Feuerverbot wegen Trockenheit. Wie dem auch sei, der Sack konnte jetzt ungenutzt entsorgt werden. So sammelten wir kurzentschlossen alle noch brauchbaren aber für uns jetzt überflüssigen Sachen zusammen und bereiteten damit unseren schweizer Campingplatznachbarn ein kleines Geschenk. Sie freuten sich sehr über das Brennholz, unser Bärenspray und 1 Liter Milch. Verschenken ist besser als Wegschmeißen.

Der Abend brach an und die meisten Sachen waren schon in den Koffern verschwunden. Whiskey und Bacardi Gott sei Dank noch nicht. So wurde es ein letzter gemütlicher Abend im Camper, an dem wir nochmal viele Sachen der letzten Tage Revue passieren ließen. Zum guten Schluss traten wir dann noch einmal vor die Tür, um den gigantischen Sternenhimmel von Waterton zu bestaunen. Das war’s dann aber auch. Gute Nacht, Waterton!

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