In der Nacht war es sehr stürmisch. Unser Mobil wurde ein um’s andere Mal ordentlich durchgeschüttelt, so dass man(n) zwischendurch immer mal wieder kurz wachgeworden ist. Frau hat dagegen seelenruhig durchgeschlafen und von dem ganzen Getöse nichts mitbekommen. 1:0 für Bacardi/Cola. Das kanadische Bier war zwar am Abend zuvor spielbestimmend aber am Ende doch unterlegen.
Nach einem gemütlichen Frühstück hatten heute die großen Mobile wieder Fahrdienst. Mit den üblichen Gästen an Bord starteten wir um kurz nach halb neun auf eine Tour rund um Waterton. Die Rundfahrt begann auf der Straße entlang des Cameron Creek und an ihrem Ende erreichten wir den Cameron Lake. Es war zwar weiterhin windig aber das störte heute bei Sonnenschein weniger. Es gab einen 20 minütigen Fotostopp und uns wurde von unserem Guide Andreas bewusst gemacht, dass wir nur noch wenige Meter von der Grenze zu den USA entfernt waren. Das gegenüberliegende Ufer des Sees lag bereits nicht mehr auf kanadischem Hoheitsgebiet.
Es ging auf dem gleichen Weg zurück Richtung Waterton. Das nächste Ziel war das berühmte “Prince of Wales”-Hotel. Das Hotel wurde 1927 erbaut und von seiner exponierten Lage über dem Upper Waterton Lake hat man eine fantastische Aussicht. Wir besiedelten kurzum mit der gesamten Gruppe die Lobby des Hotels und konnten uns in aller Ruhe umsehen und Fotos machen. Draußen war es im Laufe des Morgens wieder richtig windig geworden. Das merkten wir spätestens in dem Moment, wo wir das Hotel verließen und noch ein paar Aufnahmen von der Anhöhe aus machen wollten. Der Wind wurde über den Upper Waterton Lake getrieben und drückte dann von unten die Anhöhe hoch, so dass einem fast die Luft wegblieb. Ohne Probleme konnte man sich mit seinem ganzen Gewicht in den Wind fallen lassen und kippte trotzdem nicht vornüber. Nur Fliegen ist schöner.
Einmal gut durchgepustet ging es dann auf den Red Rock Parkway. Diese Strecke wird laut unserem Guide Andreas auch als “Bärenstraße” bezeichnet, weil die Wahrscheinlichkeit dort Bären zu sehen so hoch sein soll. Alle Augen musterten während der Fahrt durchgehen die Landschaft auf der Suche nach Bären. Aber wir hatten kein Glück. Am Ende erreichten wir den Red Rock Canyon. Hier parkten wir die Camper und liefen einmal um den kleinen Canyon. Die Sonne schien und es war richtig schön warm.
Auf dem Rückweg vom Canyon nach Waterton hielten wir auf halber Strecke an einem kleinen Parkplatz. Zeit für einen Kaffee, eine kleinen Snack und um nochmal gezielt und in Ruhe Aussicht nach Bären zu halten. Die Begegnung gestern Abend war einfach zu spontan und kurz. Etwas länger und aus sicherer Entfernung wäre nicht schlecht. Es sollte aber nicht sein. Die einzigen Tiere, die wir zu Gesicht bekamen waren ein paar Wildhühner. Und so sattelten wir ohne Bären-Sichtung wieder auf und steuerten den Campground an. Anschließend gab es Zeit zur freien Verfügung, die wir mit einem Gang durch die Gemeinde nutzten. Also etwas am Seeufer entlang, durch die kleinen Straßen der Stadt bis wir in einem kleinen Café landeten, das uns empfohlen wurde. Neben Kaffee und Muffins gab es hier… FREE WIFI!
Am Nachmittag trommelte unser Guide Andreas nochmal ein paar freiwillige Wagen zusammen, um erneut auf “Bärenjagd” zu gehen. Dani wollte nicht mit aber ich schnappte sofort meine Foto-Ausrüstung und stieg als Fahrgast in einem anderen Camper zu. Wir wollten nochmal den Red Rock Parkway entlang. Aber wir hatten gerade das Ortsschild von Waterton hinter uns gelassen, da bemerkten wir eine Ansammlung von Fahrzeugen auf den Gegenseite. Leute mit Kameras und Ferngläsern standen am Straßenrand. Ganz klar: hier gab es was zu sehen. Ein typischer ”Bärenstau”. Und an einem entfernten Hügel konnten wir ihn dann sehen: einen Grizzly. In aller Ruhe und ungestört war er auf der Suche nach Beeren und sonstigem Essbaren was die Natur so für ihn bereit hielt. Wir stoppten kurz, schossen ein paar Bilder aus dem offenen Fenster und setzten unsere Fahrt dann fort. Er war doch ziemlich weit weg und selbst mit meinem Tele-Zoom nicht wirklich groß auf’s Bild zu bekommen. Das muss besser gehen…
Wir bogen schließlich in den Red Rock Parkway ein und unsere Augen scannten die Umgebung. Irgendwo ein schwarzer oder brauner Fleck, der sich bewegt? Leider nein.
Wir hielten erneut auf dem Parkplatz, den wir bereits heute Mittag genutzt hatten und schon beim Einparken bemerkte ich einen schwarzen Schatten am Waldrand. Drüben auf der anderen Seite des kleinen Fußes. Beim zweiten Hinsehen war ich mir dann sicher und griff zum Funkgerät: “Schwarzbär am Flußufer auf 1 Uhr!” Der Bär war nur ca. 100m von uns entfernt. Wir stiegen zügig aber ruhig aus, beobachteten kurz und bewegten uns dann ans Ufer, um einen besseren Blick zu bekommen. Die ersten Fotos wurden schnell auf den Chip gebannt. Der Bär war sichtlich beschäftigt. Er nahm uns zwar kurz wahr, kümmerte sich dann aber auch nicht weiter darum, dass wir ihn beim Essen beobachteten. Zwischen uns und ihm lag nur der schmale und flache Fluß. Kein Hindernis für einen Bären. Am Ende hatte ich den Abstand auf ca. 50m verkürzt und schoß ein Foto nach dem anderen. So eine Gelegenheit musste ich nutzen. Dann setzte der Bär sich in Bewegung. Er musterte uns erneut und peilte dann den Fluß an. Na, er wird doch nicht!? Nein, er hatte nicht die Absicht uns zu Nahe zu kommen. Er wollte nur kurz aus dem Fluß trinken und verschwand dann wenig später wieder im angrenzenden Wald.
Wow!! Na, der Extra-Ausflug hatte sich aber mal sowas von gelohnt. Zufrieden traten wir den Rückweg an. Wir legten noch einen kurzen Landschaftsfotostopp ein und waren erst am frühen Abend zurück auf dem Campground. Meine Frau überraschte mich dann mit der Nachricht, dass unser Kühlschrank in der Zwischenzeit eine Metamorphose durchlaufen hatte und nun der Meinung war ein Gefrierschrank zu sein. Neben bretthart gefrorenem Gemüse gab es hübsch ausgebeulte Cola- und Bierdosen zu bestaunen. Was war denn hier los? Ich musste Andreas zu Rate ziehen, denn für mich war der Fehler nicht auszumachen. Am Ende war schnell klar, dass es am Kabel des Temperaturfühlers lag. Es hatte sich vom Regler gelöst und meldete wohl jetzt durchgehend an die Steuereinheit: “Mach kälter! Ist viel zu warm hier.” Ein paar Handgriffe später war dieses kleine Problem behoben. Die gefrorenen Dosen konnten auch direkt draußen bleiben, sie sollten eh im Laufe des Abends noch gebraucht werden. Beim anschließenden abendlichen Beisammensein im Shelter war natürlich unsere Doppel-Bärensichtung das Gesprächsthema Nummer 1 und so wurden auch die ersten Fotos von unserem Ausflug präsentiert. Zu einer weiteren Bärensichtung auf dem Campground kam es heute nicht und das war auch gut so. Gute Nacht, Waterton!